Fernmeldewesen 1930-1945

Die Entwicklung des Fernmeldewesens 1930 bis zum Zusammenbruch 1945

1930 Nach nur 10 Jahren wird zum 30. September das Telegrafenbauamt Gießen wieder aufgelöst. In dieser Zeit waren folgende Vorsteher im Amt:

1.6. 1920 – 1.4. 1926 Telegraphendirektor Venus
1.7. 1926 – 31.7. 1930 Telegraphendirektor Gabel
1.8. 1930 – 30.9. 1930 Obertelegrapheninspektor Spies

Am 23. April wird in der Telegrafenbetriebsstelle Gießen der „Springschreiberbetrieb“ nach Frankfurt aufgenommen. Zunächst jedoch nur stundenweise in der Hauptverkehrszeit. Es mangelt an ausgebildetem Personal.

In Biskirchen wird am 16. April die Handvermittlung abgeschaltet und durch ein „SA-Amt“ mit 80 Anschlußeinheiten im System 29 ersetzt. Der Fernverkehr wird über das Fernamt Wetzlar abgewickelt.

In Gießen werden am 1. Juni auf dem Bahnhofsvorplatz und in der Licher Straße die ersten öffentlichen Münzfernsprecher für den Ortsverkehr in Betrieb genommen.

Am 17. Oktober wird der vereinfachte Fernwahlverkehr zwischen Gießen und Butzbach aufgenommen. Die Leitung liegt in Gießen auf Vorwähler, Butzbach ist mit Fernschränken, Typ „OB 05“ ausgerüstet.
Für die Abwicklung des Fernverkehrs von Gießen nach Frankfurt stehen 8 Fernleitungen zur Verfügung. Wegen der starken Auslastung – je Leitung mit 70 Gesprächen – ist bereits eine Erweiterung geplant.

Der Ausbau des dritten Geschosses des Limburger Posthauses ist abgeschlossen. In den neuen Räumen werden das Fernamt und ein Erfrischungs- und Umkleideraum für das weibliche Personal untergebracht. Der Wählersaal findet seinen Platz im 2. Stockwerk in den freigewordenen Räumen der alten Orts- und Fernvermittlung.

Nach einer Meldung des Limburger Postamtes werden für den Entstörungsdienst und für den Telegrafenbaubetrieb Personen- und Lastkraftwagen eingesetzt.

Pläne des Limburger Amtes, in Beilstein ein „Selbstanschlußamt“ einzurichten, an das die Teilnehmer des Nenderother Ortsnetzes angeschlossen werden sollen, scheitern an der Ablehnung der Nenderother Gemeindeväter. Denen sind die 160 Mark, die von der Gemeinde als Anteil aufgebracht werden sollen, zu viel. Ihre Weigerung lässt das Projekt schließlich scheitern.

 

1931 Die Telegrafenbetriebsstelle Gießen ist ausgerüstet mit:

1 Springschreiber T 28 (Anschaffungsjahr 1929)

2 Klopfer als Ersatz in Störungsfällen

1 Morseapparat (für Testzwecke)

2 Telegramm- Aufnahmetische

2 Schreibmaschinen T 25

1 Hausrohrpostanlage mit 2 Sende- und 2 Empfangsstellen.

Die Telegrafenleitungen werden aus einer Batterie mit 31 Zellen (E 12) versorgt, die Abfrageeinrichtungen in den Telegrammaufnahmetischen aus der Heizbatterie des Verstärkeramtes.

Am 29. Mai werden die Gießener „Sparleitungen“ aufgehoben. Der beschleunigte Ferndienst in abgehende Richtung wird ausgebaut. Die Meldeplätze bleiben aber bestehen, da das Verkehrsaufkommen im Fernverkehr bei 81 % im Weitverkehr und nur bei 19 % im Nahverkehr (Umkreis 20-30 Km) liegt.

In Marburg wird das ersten Fernsprechhäuschen mit Münzfernsprecher eingerichtet.

Einschaltung der „Selbstanschlußämter“:

4. September Hartenrod (hier wird die alte Einrichtung von Schlangenbad aufgebaut)

10. September Braunfels mit 170 Anrufeinheiten, System 29

2. Dezember Breitscheid

 

1932 Der 31. Januar markiert den letzten Fahrtag der Pferdepost in Gießen.

Aus organisatorischen Gründen wird zum 29. Februar nach 24 Jahren das Giessener Telegrafenamt wieder aufgelöst. Die Telegrafenbetriebsstelle wie auch die Fernsprechvermittlungsstelle sind ab dem 1. März wieder dem Postamt zugeordnet.

In der Zeit von 1908 bis 1932 waren folgende Vorsteher im Amt:

1.4. 1908 – 31.3. 1911 Telegraphendirektor Dr. Hagemann

1.4. 1911 – 31.3. 1913 Telegraphendirektor Habermehl

1.4. 1913 – 31.3. 1914 Obertelegrapheninspektor Wunderlich

1.4. 1914 – 30.6. 1921 Telegraphendirektor Wiebusch

1.7. 1921 – 28.2. 1932 Telegraphendirektor Tetzlaff

Der Raum der Giessener Telegrafendienststelle wird um ein Drittel verkleinert. Der freigewordene Platz soll für Massengespräche von Firmenvertretern genutzt werden.

Am 15. Oktober wird die Telegrafenverbindung Gießen-Frankfurt/Main (Springschreiberbertieb) von der oberirdischen Führung auf einen Achter im Fernkabel 9a Frankfurt-Hannover umgeschaltet.

Die Verschärfung der Wirtschaftskrise in den frühen 30er Jahren und der damit verbundene Anstieg der Arbeitslosenzahlen wirken sich auch auf den heimischen Fernmeldebetrieb aus. So sind im Jahr 1932 in der Gießener Fernvermittlung von den vorhandenen 22 Fernplätzen nur noch 12 besetzt.

Im Jahr 1932 liegt in der Gießener Fernvermittlung der Tagesdurchschnitt bei 720 Gesprächsanmeldungen, davon 37,6 % im beschleunigten Fernverkehr.

Am 25. August gehen 3 neue Fernleitungen Gießen-Frankfurt/Main in Betrieb.

Am 21. September wird die Gießener Sparleitung Sp1241 aufgehoben. Die seither durch diese Leitung versorgten Postanstalten Reiskirchen, Lindenstruth und Hattenrod werden teilnehmergleich an das „SA-Amt“ Großen-Buseck angeschlossen.

In Frankenberg nimmt am 15. Mai das „SA-Amt“ seinen Betrieb auf und wird dem Überweisungsfernamt am Ort zugeteilt.

Am 25. Juni wird im Marburger Postgebäude die Stadtfernsprecheinrichtung vom Hand- auf den Selbstanschlußbetrieb umgeschaltet. Im Erstausbau stehen 1700 Anrufeinheiten im System 27 zur Verfügung.

Weitere „Selbstanschlußämter“ gehen in Betrieb:

8. Januar Runkel/Lahn mit 100 Anrufeinheiten, System 29

22. April Hadamar mit 150 Anrufeinheiten, System 29

10. Mai Frankenberg/Eder mit 260 Anrufeinheiten, System 27

23. September Wetter mit 150 Anrufeinheiten, System 31a (wird in den Überweisungsbereich des Fernamtes Marburg eingegliedert).

Nach 38 Dienstjahren beendet der erste Nenderother Posthalter Christian Reinhold Haas seine Tätigkeit und übergibt die Postagentur an seinen Sohn Reinhold. Damit verbunden ist die Verlegung der Postagentur mit Fernsprechvermittlung von der Schulgasse in die Oberdorfstraße.

 

1933 Inbetriebnahme von „Selbstanschlußämtern“:

26. Mai Kirchhain (wird in den Überweisungsbereich des Fernamtes Marburg eingegliedert)

25. August Straßebersbach

Dauborn

Das Fernamt Dillenburg übernimmt zum 25. August die Funktion des Überweisungsfernamtes für die umliegenden Ortsvermittlungen.

In Limburg in der Marktstraße wird eines der ersten Verstärkerämter gebaut.

Die Machtergreifung durch die Nationalsozialisten im Jahr 1933 führt zu tiefgreifenden Auswirkungen in den Post- und Fernmeldeverwaltungen.
Schon nach kurzer Zeit wird in Limburg der „Postschutz“ gegründet.

Am 25. April geht die neue Fernleitung FLBN 171 Gießen-Weilburg in Betrieb.

In Gießen wird am 1. Dezember der Fernsprech-Kundendienst aufgenommen.

Vom 22. Dezember an wird die Abkürzung „SA-Amt“ für Selbstanschlußamt durch den Begriff „VStSA“ für Vermittlungsstelle mit Selbstanschlußbetrieb ersetzt, um Verwechslungen mit SA-Dienststellen der NSDAP zu vermeiden.

 

1934 Die Rohrpostanlage in der Gießener Telegrafenbetriebsstelle wird mit zusätzlichen Signaleinrichtungen ausgestattet.

Am 14. September wird auf der Telegrafenleitung Biedenkopf – Frankfurt der „Summerbetrieb“ eingeführt.

Im Juli kommt es zu einer erneuten Umbenennung der Vermittlungsstellen in „VStW“ (Vermittlungsstellen mit Wählbetrieb). Die handvermittelten Ämter erhalten die Bezeichnung „VStH“.

An Wählvermittlungsstellen werden eingeschaltet:

4. Juni Niederselters mit 200 Anrufeinheiten, System 31a

21. Juni Heskem mit 130 Anrufeinheiten, System 31a

5. Juli Weilmünster mit 200 Anrufeinheiten, System 34, davon bereits 152 belegt.

14. September in der Postagentur Fischelbach/Kr. Wittgenstein

14. September in der Postagentur Laasphe

Allendorf/Lahn und Camberg

Im Limburger Fernamt werden 4 Fernplätze abgebaut.

Angehörige des Limburger Telegrafenbauamtes werden im Laufe des Jahres nach Gießen zur Postschutzschulung abkommandiert.
Der Postschutz zeigt von Anfang an Züge einer militärisch strukturierten Organisation.
Auszug aus der Vfg. der RPD Frankfurt vom 22. Dezember 1934:

„Der Postschutz ist von der Deutschen Reichspost eingerichtet worden, um in unruhigen Zeiten den für die Staatsführung unentbehrlichen Post- und Fernmeldebetrieb sicherzustellen und lebenswichtige Einrichtungen und Anlagen der DRP gegen jeden fremden Zugriff mit der Waffe zu schützen. Dem Postschutz anzugehören ist eine Auszeichnung und Ehrenpflicht eines jeden wehrfähigen Angehörigen der DRP.“

Am 19. Juni werden die „unmittelbaren“ Fernsprechverbindungen von Gießen nach Lauterbach in Betrieb genommen.

Im Ortsnetz Frankenberg/Eder bestehen im Jahr 1934 179 Haupt-, 52 Neben- und 2 Dienstanschlüsse.

Im Dezember wird in Gießen auf dem Lindenplatz ein weiteres Fernsprechhäuschen mit Münzfernsprecher aufgestellt.

 

1935 In der Telegraphenbetriebsstelle Gießen gehen die von der Fa. Siemens gelieferten und aufgebauten „Unterlagerungstelegraphie-Einrichtungen“ in Betrieb. Der Telegraphiebetrieb ist rückläufig und wird größtenteils nur noch von einem Beamten versehen.

Der Rundfunkentstörungsdienst in Gießen wird im April mit einem Volksempfänger, einem Störungssuchgerät und einem Gerätekoffer mit Werkzeugen und Entstörungsmitteln ausgestattet.

Aufhebung des „besonderen Meldeamtes“ im Gießener Fernamt zum 17. Juni. Künftig werden von 8 Vermittlungskräften Gesprächsanmeldungen entgegen genommen und beschleunigte Verbindungen hergestellt. Der Anteil der Beschleunigten Ferngespräche steigt von etwa 30 % auf 65 %.

An neuen Fernleitungen gehen in Betrieb:

6. September Gießen – Mannheim

15. Oktober Gießen – Wiesbaden

11. November Gießen – Berlin

Das Gießener Ortsnetz wird durch die Verlegung von Kabelkanalanlagen in den Bereichen Gartenstraße, Kaiserstraße (spätere Grünberger Str.), Südanlage, Liebigstraße und Ludwigsplatz weiter ausgebaut.

Die Telegraphenstelle Limburg meldet an Verkehrszahlen:

aufgeliefert: 9600 Telegramme

erhalten: 13.000 Telegramme

Durchgang: 24.000 Telegramme

Das Limburger Fernamt ist mit 17 Fernschränken „25/17“ ausgerüstet. Im Laufe des Jahres werden dort von den 17 weiblichen Kräften 108.000 Ferngespräche vermittelt. An Ortsgesprächen werden im Jahr 1935 1.020.000 gezählt.

Zum 1. November beginnt im Ortsnetz Allendorf der Wählbetrieb und die neue VStW wird in den Überweisungsbereich des Fernamts Marburg eingegliedert.

Ab dem 8. November wird das Fernamt Wetzlar an den beschleunigten Fernverkehr angepasst.

 

1936 Im Gießener Ortsnetz sind 1888 Haupt- und 6 Dienstanschlüsse geschaltet. Man rechnet mit einem Zuwachs von monatlich 15 Neuanschlüssen.

Das für den Fernmeldebetrieb zuständige Postamt Gießen lehnt den Einbau einer selbsttätigen Zeitansage bzw. die Schaltung einer Fernleitung zur Zeitansage in Frankfurt/Main ab, da täglich nur etwa 10 Anfragen nach der Uhrzeit aufkommen.

Weitere Kabelverlegungen im Gießener Ortsnetz in den Bereichen Frankfurter Straße, Hofmann-, Schubert-, Bleich-, Goethe-, Johannes-, Lessing-, Liebig-, Lony-, Walltor-, Wetzstein-, Wilhelm- und Licher Straße, ferner im Mittelweg, Hindenburgwall, Kirchplatz, am Trieb und am Kugelberg. Die oberirdischen Leitungsführungen verschwinden mehr und mehr aus dem Stadtbild.

Am 9. September wird der ehemalige Abspannturm für die Freileitungen auf dem Gießener Postgebäude abgebrochen.

Das Fernkabel FK 212 Gießen – Wetzlar – Weilburg – Limburg – Koblenz wird ausgelegt.

In Limburg sind 610 Haupt- und 545 Nebenanschlüsse geschaltet. Das Fernamt ist mit 17 Fernschränken 25/27 bestückt, an denen 17 weibliche Kräfte eingesetzt sind. Im Jahr werden etwa 1.020.000 Ortsgespräche und 10.800 Ferngespräche vermittelt. Dazu kommen 9.600 abgehende, 13.000 ankommende und 24.000 Durchgangstelegramme. An Personal für den Telegraphie- und Fernsprechdienst sind insgesamt 28 Beamte im Einsatz.

Der Nenderother Posthalter Reinhold Haas scheidet im Herbst aus dem Dienst aus. Die Postagentur wird daraufhin in die Hauptstraße verlegt und von Alfred Frank übernommen. Die Poststellenverlegung bedeutet das Aus für die alte Handvermittlung. Sie wird durch eine Wählvermittlungsstelle, System 34 ersetzt, die in einem Zimmer hinter der Poststube ihren Platz findet.

Am 5. August Einschaltung der VStW Fronhausen/Lahn mit 100 Anrufeinheiten, System 34

Das Fernamt Dillenburg verfügt über 35 Fernsprechfernleitungen und 58 Überweisungsleitungen zu den auswärtigen Wählvermittlungsstellen. Darüber hinaus bestehen noch 1 „Summerleitung“ und 8 „Sp-Leitungen“.

Umfangreiche technische Veränderungen im Fernamt Wetzlar und Einrichtung von 10 Fernwahlleitungen. Am 28. September nimmt die Wechselstrom-Fernwahl zwischen Gießen und Wetzlar den Betrieb auf.

 

1937 Zum 30. April werden die Telegraphen-Hilfsstellen in Dünsberg, Haina und Waldhaus aufgehoben.

Mit der Ausmusterung der veralteten Telegraphiergeräte (Klopfer, Taster u. Galvanoskop) ist für die Telegraphenbetriebsstelle Gießen die Pionierzeit endgültig beendet.

In der Gießener Wählvermittlungsstelle wird ein Meßgestell für Verkehrsmessungen aufgebaut.
Das Fernamt erfährt zum 22. April eine Erweiterung um 30 „Fernanrufrelais“. Die Fernamtstrennung ist schon ab dem 18. Januar abgeschaltet.

Die Anrufeinheiten der öffentlichen Münzfernsprecher erhalten am 20. November „Flackeranrufzeichen“.
Die Umschaltmöglichkeiten des Fernsprechauftragsdienstes werden von bisher 5 auf 10 erweitert.

Nach Wieseck wird ein unterirdisches Fernsprechkabel verlegt.

Inbetriebnahme von Wählvermittlungsstellen:

9. März Schwalbach mit 50 Anrufeinheiten, System 34
im Mai Hohensolms
im Juni Niederweidbach
27. August Driedorf mit 150 Anrufeinheiten, System 34

4. November Gladenbach mit 150 Anrufeinheiten (davon bereits 144 belegt), System 34
21. Dezember Niederweihmar
Darüber hinaus nimmt im Laufe des Jahres die erste Wählvermittlungsstelle in Lahr ihren Betrieb auf.

Auf vielfachen Wunsch aus der Bevölkerung errichtet das Limburger Telegrafenbauamt in der Brückenvorstadt ein öffentliches Telefonhäuschen.

 

1938 Inbetriebnahme von Wählvermittlungsstellen:
13. Mai Schönstadt mit 80 Anrufeinheiten (davon 66 belegt), System 34

5. August Fronhausen (wird gleichzeitig dem Überweisungsfernamt Marburg zugeordnet)
9. August Ehringshausen

9. August Kölschhausen
11. August Katzenfurt
31. August Mengerskirchen mit 50 Anrufeinheiten (davon 25 belegt), System 34

21. Oktober Caldern mit 100 Anrufeinheiten, System 34
26. Oktober Eisemroth mit 50 Anrufeinheiten, System 34

29. November Ulm mit Anbindung an das Überweisungsfernamt Wetzlar.

 
 

Die OVSt Eisemroth ist in einem ehemaligen Mühlengebäude untergebracht. Der Vermittlungsraum befindet sich im Erdgeschoss rechts (offenes Fenster)

 
 

Technische Einrichtungen der OVSt Eisemroth, System 34 mit 50 AE

  In der Wetzlarer Telegrafenstelle beginnt mit dem 7. November der „Springschreiberbetrieb“ mit Frankfurt/Main.

Unterirdische Kabelverlegung in Gießen Frankfurter Straße, Schiffenberger Weg und Nahrungsberg.

Auf einem Gelände in Klein-Linden, Waldweide wird eine unterirdische Verstärkerstelle gebaut. Die dazugehörigen Betriebs- und Wohnräume befinden sich in den darüber errichteten Gebäuden.

Von Frankenberg wird die Fernmelderechnungsstelle nach Marburg und Korbach verlegt.

In Wetzlar beginnt am 6. April der Versuchsbetrieb für den „hochfrequenten Drahtfunk“.

 

1939 Am 9. September werden die technischen Einrichtungen innerhalb der Telegraphenbetriebsstelle Gießen verlegt und dadurch Platz zum Führen von Massengesprächen geschaffen.

Im Zuge des Ausbaus des Gießener Ortsnetzes werden im Stadtgebiet und in Klein- Linden weitere unterirdische Fernsprechkabel verlegt.

Das Verstärkeramt Klein-Linden wird mit einer oberirdischen Hochspannungsanlage (20 KV, 8,5 A) ausgestattet.

Inbetriebnahme von Wählvermittlungsstellen:
2. März Wolfenhausen mit 50 Anrufeinheiten (davon 33 belegt), System 34
28. März Ernsthausen/Kr. Frankenberg mit 50 Anrufeinheiten, System 34
29. Juni Lollar

Die bisher noch mögliche Fernamtstrennung wird abgeschaltet.

Am 1. Januar wird im Bereich Wetzlar die neue „Drahtfunk-Technik“ in Betrieb genommen. Der hochfrequente Drahtfunk ermöglicht einen störungsfreien Empfang von bis zu drei Rundfunksendern. Dem Postamt stehen 52 sogenannte „Drahtfunk-Überwachungsempfänger“ der Firma Siemens u. Halske zur Verfügung. Mit den Geräten werden u. a. Kreis u. Stadtverwaltung, Großbetriebe, Wehrmachtsdienststellen und Parteifunktionäre ausgestattet. Im Verlauf des 2. Weltkrieges dient die Drahtfunktechnik zur Information der Funktionsträger über Bewegungen feindlicher Flugzeuge im deutschen Luftraum.

Im Februar 1939 beginnen in Wetzlar erste Versuche, in Zusammenarbeit mit der Firma TEKADE und dem Reichspostzentralamt im Nahbereich über Trägerfrequenzkanäle Fernsprechverbindungen zu realisieren. Die Versuche seien „durchaus befriedigend verlaufen“.

Der Ausbruch des 2. Weltkrieges lässt den Fernsprech- und Telegrammverkehr im Bereich Wetzlar erheblich ansteigen. Zwangsläufig müssen die technischen Einrichtungen erweitert werden.

 

1940 Durch die Erweiterung des Gießener Fernamtes muss am 18. Juli die Gießener Telegrafenbetriebsstelle in den Raum 306 auf der Nordseite des Hofgebäudes verlegt werden. Ein nochmaliger Umzug erfolgt bereits am 6. Dezember in den Raum 314. Gleichzeitig werden zwei neue „T-26“ Tische für den Sprechdienst angefordert. Die Aufnahme der Telegramme soll künftig mit Schreibmaschine erfolgen. Die bisher vorhandenen „ZB Sprechtische“ sind für die neuen Verfahren nicht geeignet.

Für die insgesamt 2400 Anrufeinheiten in der Gießener VStW sind bisher nur 2200 Gesprächszähler vorhanden. Bis zum 11. Dezember werden weitere 100 Zähler nachgerüstet.

Auch das Fernamt wird „zur Sicherstellung des laufenden Dienstes und aus Gründen der Reichsverteidigung“ um 2 Fernschränke ZB 10/27 erweitert.

Am 30. Juni wird die Wechselstrom-Fernleitung Gießen – Stockheim in Betrieb genommen.

Das Verstärkeramt Klein-Linden wird mit einer unterirdischen Netzersatzanlage ausgerüstet. Zu den Einrichtungen gehören ein U-Boot Dieselmotor, 8 Zylinder, 425 U/min, 350 PS, 1 Drehstromgenerator 300 KVA und 3 Dieselöltanks zu je 15000 Liter.

Vor dem Wetzlarer Postamt in der Hausergasse wird am 21. März ein Fernsprechhäuschen aufgestellt, was in der Öffentlichkeit allgemein auf Zustimmung trifft.

 
 

Postamt Katzenelnbogen
Die OVSt ist im 1. Stock (Straßenseite) untergebracht

 
 

OVSt Katzenelnbogen
Vermittlungseinrichtungen und Stromversorgung
Inbetriebnahme 27.3.1929, belegt mit 125 Hauptanschlüssen und 5 ÜL.

 

 

1941 Mit Datum vom 11. Januar wird die Wechselstrom-Fernwahl von Gießen nach Darmstadt in Betrieb genommen.

In der Gießener Ortsvermittlungsstelle werden zum 15. August weitere 100 Gesprächszähler eingeschaltet.

Kriegsbedingt hat die Zahl der stationierten Soldaten in der Garnisonsstadt Wetzlar stark zugenommen und beläuft sich auf 4000 bis 6000. Dadurch bedingt kommt es zu erheblichen Steigerungen des Telegrammverkehrs um mehr als 200%.
Die technischen Anlagen im Postamt reichen schon bald nicht mehr aus und müssen erweitert werden. In der Fernsprechvermittlung kommen im März 1941 sechs neue Fernplätze hinzu. Die Ortsvermittlungsstelle wird um 200 Anschlußeinheiten erweitert. Die Erweiterungen stellen auch neue Anforderungen an die Stromversorgung. Die Kapazität der Amtsbatterie ist nicht mehr ausreichend und muss durch eine größere Anlage ersetzt werden.

Im Keller des Wetzlarer Posthauses in der Hausergasse wird im März 1941 eine Luftschutzwarnzentrale eingerichtet, die vom Personal des Fernamtes rund um die Uhr besetzt wird. Der Raum ist durch Stahlplatten besonders gesichert und darf weder bei Luftalarm noch bei Fliegerangriffen verlassen werden.

Das Frankenberger Fernamt wird durch einen weiteren Fernschrank erweitert.

 

1942 Zum 15. August gehen zwei Fernwahlleitungen von Biedenkopf nach Marburg in Betrieb.

In Wetzlar wird zum 1. Juni die Ortsvermittlungsstelle um weitere 200 Beschaltungseinheiten und das Fernamt um 4 Plätze erweitert.

 

1943 Die Kriegsereignisse zeigen Auswirkungen für den heimischen Fernmeldebetrieb. In Gießen wird am 16. März ein Notfernamt aufgebaut und für den Einsatz bereitgestellt. Auf einen Fernschrank OB 5a ist je eine Leitung der bestehenden Verkehrsbeziehungen geschaltet. Die geheime Rufnummer ist „4581“.

Die technische Ausrüstung der Gießener Telegrafenstelle besteht im Jahr 1943 aus:
2 WT 34 18fach nach Frankfurt/M.
1 WT 34 18fach nach Dortmund/Düsseldorf
1 WT 34 18fach nach Berlin
1 WT 34 12fach nach Köln
1 WT 34 12fach nach Zossen
1 WT 34 12fach nach Berlin
1 WT 34 12fach nach Kassel
1 WT 34 12fach nach Paris
5 A-Gestelle WT 34, 5 B-Gestelle WT 34 u. 2 C-Gestelle WT 34
GT-Einrichtungen (Bj. 1930): 3 Relaisgestelle, 14 Relaissätze UT, 12 Relaissätze AT
GT-Einrichtungen (Bj. 1936): 6 GT-Gestelle

In der Wetzlarer Vermittlungsstelle wird die vorhandene Amtsbatterie (214 Ah) durch eine leistungsstärkere Anlage mit 700 Ah ersetzt.

Zum 26. Februar wird die Reichspostdirektion Kassel aufgelöst und ihr Bezirk der Reichspostdirektion Frankfurt zugeteilt. Dadurch kommt auch Marburg in den Frankfurter Direktionsbezirk.

 

1944 Am 24. August wird eine Springschreiber-Verbindung von Biedenkopf nach Frankfurt/Main eingerichtet. Die Leitung Dillenburg – Frankfurt/Main ist zeitweilig gestört. Der Verkehr von Durchgangstelegrammen hat stark zugenommen.

Die Kriegsereignisse beeinflussen mehr und mehr den Post- und Fernmeldebetrieb und führen zu erheblichen Einschränkungen. Ab Juni 1944 werden die sogenannten „KWL-Gespräche“ (kriegs-, wehr- und lebenswichtig) bevorzugt vermittelt. Ab September müssen Anmelder von Ferngesprächen abgefragt werden, ob es sich um ein KLW- oder Privatgespräch handelt. Das Erschwindeln von unberechtigten Gesprächsverbindungen gilt als Sabotage.

Zur Sicherung der technischen Anlagen wird im November eine Betondecke über das Glasdach des Gießener Wählersaales gezogen und die Fester des Kabelkellers mit Schutzwänden gesichert.

Am 6. Dezember erlebt die Stadt Gießen ihren schwersten Fliegerangriff des 2. Weltkrieges. Etwa 350 Tote sind zu beklagen. Infrastruktur und Kommunikationsnetze brechen zusammen. Das alte Gießen geht in den Flammen unter.

Nach Bekanntgabe in der Presse dürfen nach Luftangriffen im Gießener Ortsnetz keine Privatgespräche geführt werden. An Stelle des bekannten Amtszeichens wird in diesen Fällen ein Morse-„e“ auf die Leitung gegeben. Auch werden die Gespräche überwacht, um einen privaten Fernsprechverkehr zu unterbinden.

Auch in Limburg kommt es an den Post- und Fernmeldegebäuden zu kriegsbedingten Schäden. Als am 19. September amerikanische Bomberstaffeln die Stadt angreifen, wird das Postgebäude an der Hofseite schwer getroffen. Die Innenräume im Erdgeschoß und in den darüberliegenden Stockwerken bis ins Dachgeschoß werden in Mitleidenschaft gezogen.
In der Limburger Marktstraße, an der Ecke des Verstärkeramtes, schlägt eine Fliegerbombe ein und verursacht Schäden im 1. und 2. Stockwerk des Dienstgebäudes.
In beiden Fällen werden die fernmeldetechnischen Anlagen jedoch nicht beschädigt.

In Biedenkopf wird am 1. Juli ein Fernsprechhäuschen am Bahnhof in Betrieb genommen. Gleichzeitig entfällt die öffentliche Sprechstelle im Bahnhofsgebäude.
Ein weiteres Fernsprechhäuschen in der Biedenkopfer Stadtgasse am alten Rathaus kommt am 20. Oktober hinzu. Die geplante Unterbringung auf dem Marktplatz war zuvor durch Widerspruch der befragten Grundstücksbesitzer gescheitert.

Mit der Einschaltung einer zweiten Leitung von Biedenkopf nach Frankenberg am 1. Juli wird der Fernverkehr nach Kassel verbessert.

 

1945 Der Verwaltung des Postamts Gießen sind folgende Wählvermittlungsstellen angegliedert:
Gießen, Butzbach, Großen Buseck, Großen Linden, Grünberg, Hungen, Laubach, Lich, Lollar, Londorf, Mücke, Münzenberg, Rodheim und Sellnrod.

22. Februar – Durch alliierte Bomberverbände erfolgt ein schwerer Luftangriff auf die Stadt Marburg. Das Klinik- und Bahnhofsviertel wird stark in Mitleidenschaft gezogen. An dem Postgebäude in der Bahnhofstraße entstehen erhebliche Schäden.

 

 
 

Das durch den Luftangriff zerstörte Postgebäude in der Marburger Bahnhofstraße

 

 

  3. März – Bei einem Fliegerangriff auf die Stadt Gießen werden das Dach und ein Teil der Fenster des Fernmeldegebäudes im Hinterhof des Postamtes zerstört.

Nach den Fliegerangriffen zwischen dem 1. und 14. März auf Niederscheld, Wallau und Marburg fallen bis auf eine Leitung nach Frankenberg alle Biedenkopfer Fernleitungen aus. Die Wählämter Breidenbach, Gönnern und Fischelbach sind tagelang ohne Verbindung mit dem Biedenkopfer Fernamt.

15. März – In der Wählvermittlungsstelle Biedenkopf wird ein Drahtfunkverstärker aufgebaut, der jedoch wegen der Kriegsereignisse nicht mehr in Betrieb geht.

Im Zeitraum vom 28. Mai 1944 bis zum 29. März 1945 wird die Industriestadt Wetzlar von insgesamt 23 Fliegerangriffen heimgesucht. Mehr als 300 Menschen, darunter auch 3 Postangehörige, kommen bei den Angriffen ums Leben. Die Kriegsereignisse haben auch die Einrichtungen des Fernmeldedienstes erheblich in Mitleidenschaft gezogen und große Teile des Netzes zerstört.

21. März – Ein weiterer Luftangriff um 11.45 Uhr auf Gießen gilt dem Gebiet des Telegrafenamtes und des Eilgüterschuppens. 10-12 Tote sind zu beklagen.

Bis zum Zusammenbruch ist eine Telegrafenleitung Gießen-Frankfurt und eine Telegrafenleitung Gießen-Berlin in Betrieb.

Die oberirdische Hochspannungsanlage für das Verstärkeramt Klein-Linden wird umgebaut und in die unterirdischen Räume verlegt.

Bei Kriegsende sind in den Bereichen Limburg und Weilburg das Kabel- und Freileitungsnetz stark beschädigt. Die Vermittlungsstellen bleiben mit Ausnahme der OVSt Obertiefenbach und der Verstärkerstelle Limburg unbeschädigt.

26. März – Mit dem Einmarsch der amerikanischen Truppen in Limburg wird auch das Postamt besetzt und der Amtsvorsteher von der Mühlen aus seiner Dienstwohnung ausgewiesen. Der gesamte Fernsprech- und Telegrafenverkehr in den Bereichen Limburg und Weilburg kommt zum Erliegen. Das Limburger Postgebäude wird während der Ausgangszeit von 8 bis 18 Uhr von 12 Postbeamten im zweistündigen Wechseldienst bewacht, um Plünderungen zu verhindern. Für die Kommandostellen der amerikanischen Truppen in Limburg werden nach wenigen Tagen zwei Fernschränke in Betrieb genommen.

28. März – Nur wenige Stunden vor dem Einmarsch der Amerikanischen Truppen in Gießen wird das Verstärkeramt Klein-Linden durch ein deutsches Sprengkommando zu 90% zerstört. Technische Einrichtungen im Wert von etwa 227.000 RM gehen dabei verloren. Die diensthabenden Mitarbeiter hatten vor Beginn der Sprengung auf Befehl des Sprengkommandos das Amt verlassen.

28. März – Die Stadt Gießen und die angrenzenden Bezirke werden von den alliierten Truppen besetzt. Kämpfe von Bedeutung finden nicht statt. Schäden an den Gebäuden der Post treten bei der Besetzung nicht auf.

28. März – Am Morgen rückten Panzerverbände der 7. US-Armee von Gießen und vom Westen her auf Marburg zu und nehmen die Stadt ein, deren kampflose Übergabe kurz zuvor vom kommandieren Offizier des 519. Regiments verfügt worden war.

29. März – Um 17 Uhr besetzen amerikanische Truppen Biedenkopf. Der Fernsprech- und Telegrafendienst wird komplett eingestellt.

29. März – Die amerikanischen Truppen besetzen das Frankenberger Fernamt. Bis auf eine lokale Kabelstörung –Polen hatten ein Stück Kabel im Wählerraum herausgeschnitten- können die Einrichtungen betriebsfähig übergeben werden.

29. März – Amerikanische Truppen nehmen die Stadt Wetzlar ein. Bei den Kämpfen kommt es durch Artilleriebeschuss zu Schäden an der Rückfront des Posthauses in der Hausergasse.
Einen Tag später besetzen die Truppen das Wetzlarer Postamt und richten beträchtliche Schäden an den fernmeldetechnischen Einrichtungen an. Der Betrieb kommt zu Erliegen.

30. März – Amerikanische Besatzungssoldaten richten in der Wählvermittlungsstelle Biedenkopf schwere Zerstörungen an. Das Fernamt bleibt unbeschädigt.
In der Ortsvermittlungsstelle Holzhausen kommt es ebenfalls durch Truppenteile zu Vandalismus. Hier sind die Zerstörungen jedoch nicht so schwer.
In der Biedenkopfer Stadtgasse wird durch die Besatzungssoldaten das Fernsprechhäuschen abgesägt und verschleppt.

Spätestens am 30. März 1945 ist der gesamte Fernsprech- und Telegrafenverkehr im Bereich des späteren Fernmeldeamtes Gießen abgeschaltet oder durch die Ereignisse der letzten Kriegstage zum Erliegen gekommen.

 

letzte Aktualisierung 20.07.2013